Das Dialogische Prinzip

Das Dialogische Prinzip
 
Martin Buber, der jüdische Religionsphilosoph, behauptet, dass das wahre Ich sich erst in der Beziehung findet.
 
Er unterscheidet:
Das Ich des Ich-Es - der andere ist mein Objekt -
oder
das Ich des Ich-Du - der andere ist kein Objekt, sondern ein Du, dem ich mich öffne, das ich verstehen will, dem ich begegne und darin auch mich selbst neu entdecke.
 
 
oder
 
 
Martin Buber drückt das so aus:
"Die Welt ist dem Menschen zwiefältig nach seiner zwiefältigen Haltung.
Die Haltung des Menschen ist zwiefältig nach der Zwiefalt der Grundworte, die er sprechen kann. Die Grundworte sind nicht Einzelworte, sondern Wortpaare.
Das eine Grundwort ist das Wortpaar Ich-Du.
Das andere Grundwort ist das Wortpaar Ich-Es;
wobei, ohne Änderung des Grundwortes, für Es auch eins der Worte Er und Sie eintreten kann.
Somit ist auch das Ich des Menschen zwiefältig.
Denn das Ich des Grundwortes Ich-Du ist ein andres
als das des Grundworts Ich-Es.
Grundworte sagen nicht etwas aus, was außer ihnen bestünde, sondern gesprochen stiften sie einen Bestand.
Grundworte werden mit dem Wesen gesprochen.
Wenn Du gesprochen wird, ist das Ich des Wörterpaars Ich-Du mitgesprochen.
Wenn Es gesprochen wird, ist das Ich des Wörterpaars Ich-Es mitgesprochen.
Das Grundwort Ich-Du kann nur mit dem ganzen Wesen gesprochen werden.
Das Grundwort Ich-Es kann nie mit dem ganzen Wesen gesprochen werden.
Es gibt kein Ich an sich, sondern nur das Ich des Grundwortes Ich-Du und das Ich des Grundworts Ich-Es.„
 
Noch einmal: „Es gibt kein Ich an sich, sondern nur das Ich des Grundwortes Ich-Du und das Ich des Grundworts Ich-Es."
 
Eine Ich-Du-Begegnung ist geprägt
·        vom Verzicht auf Auferlegung,
·        vom Verzicht auf Scheinen und
·        durch Innewerdung, bzw. durch die personale Vergegenwärtigung des anderen.
 
Liegt es in meiner Hand, welches Grundwort ich spreche?
Nein, ich kann es nicht machen, erzwingen, einfordern.
Ja, ich kann es vorbereiten und erwünschen!
Können wir Du-Sagen lernen und Es-Sagen verlernen?
 
Voraussetzungen sind, wie Buber es sagt:
·        Verzicht auf Auferlegung* (selbstgemachte, vorschnelle Bilder vom anderen)
·        Verzicht auf Scheinen ("Die eigentliche Problematik im Bereich des Zwischenmenschlichen ist die Zwiefalt von Sein und Scheinen*“)
 
Ja, wir können uns für eine behutsame, höher achtende Entdeckung des Anderen entscheiden, für die personale Vergegenwärtigung, bzw. Innewerdung, statt der Auferlegung:
 
"Eines Menschen innewerden heißt also im besonderen seine Ganzheit als vom Geist bestimmte Person wahrnehmen, die dynamische Mitte wahrnehmen, die all seiner Äußerung, Handlung und Haltung das erfahrbare Zeichen der Einzigkeit aufprägt.
Solch ein Innewerden ist aber unmöglich, wenn und solang der andere mir das abgelöste Objekt meiner Betrachtung oder gar Beobachtung ist, denn ihr gibt sich diese Ganzheit und gibt sich diese Mitte nicht zu erkennen; es ist erst möglich, wenn ich zu dem anderen elementar in Beziehung trete, wenn er mir also Gegenwart wird. Darum bezeichne ich das Innewerden in diesem besonderen Sinne als personale Vergegenwärtigung."
 
Das ICH-DU:
Hast du dich in einer Begegnung schon einmal so erlebt?